Man lernt nie aus- vor allem im Ausland.

von Steffi Bauer (Lille, Frankreich)

Meine Oma sagt immer „Man lernt nie aus!“ – Stimmt. Vor allem im Ausland.

Was ich bisher gelernt habe über…

…das Internet und Smartphones- Fluch und Segen.

Was für eine TOLLE Erfindung. Hört sich jetzt total banane an aber wie geil ist das bitte dass ich in der einen Minute mit Anna in den USA skypen kann und in der nächsten mit Anne in Afrika?! Ja, man wird nachdenklich wenn man kein mobiles Internet mehr hat. Aber mal unter uns, es ist echt sowas von nervig wenn man Abends weg ist und alle am Smartphone hängen! Fällt einem erst auf wenn man selber keins mehr benutzt! Also Freunde, lasst eure Scheißdinger in der Tasche oder gleich daheim! Ohne hat man viel mehr Spaß!

…ERASMUS.

Ach geil, du machst Erasmus! Und, wie oft gehste die Woche feiern? 5 mal? Und biste schon viel rumgekommen in Frankreich?“ Irrtum. Das Erasmus Programm wird ja oft verschrien als Party-Semster, ein Urlaubssemester. Hier in Frankreich komme ich unter der Woche zu gar nichts. Jeden Tag Uni ab 9 oder 10, 12 Kurse, 30 ECTS-Punkte. Straffes Programm, dann sind da noch Hausaufgaben, Präsentationen, Tests, Einkaufen, Waschen, Putzen, Kochen. Der ganz normale Alltag. Nur auf französisch. Wer denkt dass das, was wir alle im Moment leisten, ein Urlaubssemester ist, der war entweder selbst nie im Auslandssemester oder hat nicht 30 ECTS-Punkte gemacht und ein Semester an sein Studium drangehängt. Natürlich feiern wir hier auch, aber ehrlich gesagt nur am Wochenende, die Anwesenheitspflicht und die sehr schulischen Strukturen hier verhindern anderes. In Eichstätt war ich deutlich mehr feiern.

…Freundschaft.

Freunschaft ist Arbeit. Neue Freunde zu finden ist Arbeit. Die deutschen Freundschaften am Laufen zu halten ist Arbeit. Aber sie ist auch und in erster Linie mein Anker. Was würde ich ohne meine beste Holländerin und ohne meine lieben Französinnen machen, die mir immer Ratschläge geben, mein Französisch verbessern, mir den Raum zeigen wenn ich wieder rumirre wie a Depperte, die mit mir zum Friseur gehen weil ich Angst habe dass sie mir zu viel abschneiden, die uns die Stadt zeigen, die uns einfach mal loben dass unser Französisch besser geworden ist, die uns Nachts nach Hause bringen weil man selbst der Meinung ist das Wohnheim ist die Straße rechts runter, nicht links. Danke und a saubernes Merci.

...Ausländer.

Ich habe so viel Respekt vor Ausländern. Egal ob jetzt Deutsche in Frankreich, Türken in Deutschland oder Mexikaner in Usbekistan. Sich zu entscheiden, die Heimat hinter sich zu lassen, eine neue Sprache zu erlernen und sich ein neues Leben aufbauen- Respekt. Ich hab’s hier in meinem Erasmus-Programm ja völlig kuschlig, und hab trotzdem meine Problemchen. Wie muss es dann erst denjenigen gehen, die von zu Hause vertrieben worden sind? Die fliehen, weil sie Angst um ihr Leben haben weil sie verfolgt werden? Kaum auzumalen. Jedem, der sich auch nur in einem Nebensatz über die Flüchtlinge in Deutschland aufregt, wünsch ich, dass er oder sie einmal in ein fremdes Land kommt. Ganz allein. Ohne Sprachkenntisse. Dafür mit Angst und einem Leben am Existenzminimum. Und dann schauts ihr mal.

…Sprache.

Ich werd hier oft darauf angesprochen dass alle Deutschen so gut Englisch können. Schon mal dran gedacht dass nicht wir Deutschen besonders gut Englisch können, sondern die Franzosen einfach besonders schlecht? Es ist echt erschreckend und meiner Meinung nach auch verantwortungslos, die Schüler und Studenten mit einem Englisch-Niveau in die globalisierte Welt zu entlassen, bei dem meine 13-Jährige Cousine (Hi Fini!) mehr als mithalten kann. Sorry, gemein aber isso.

…Musik und Radio.

Die einzigen deutschen Bands die man mit Deutschland verbindet sind die toten Hosen und Rammstein. Verdammt warum können Klangkarussell nicht deutsch sein?! Französisches Radio hör ich sehr gerne, vor allem „LeMouv“. Ab und zu tut’s aber auch sehr gut mal Stimmen aus der Heimat zu hören, auch wenn man mit der Info dass auf der A9 mal wieder Stau ist natürlich nichts anfangen kann. Trotzdem danke Bayern 3 und natürlich Antenne Bayern für ein bisschen Bayern-des samma mia-Feeling in Nord-Pas-de-Calais.

Wohnheime.

Ist nix für mich, echt nicht. Ich vermisse meine WG, meine Dusche und mein Klo und meine Küche und meinen Kühlschrank und mein Bett und meinen Fernseher und meine Dachterrasse …. und überhaupt. Ist jetzt für die 4 Monate ok, aber auf Dauer würd ich das nicht aushalten. Zu viele Leute (circa 200 wohnen hier), ich hasse es den Gang runter laufen zu müssen bis man endlich beim Klo angekommen ist, die Duschen sind alt und manchmal kommt nur kaltes Wasser (und ich bin WARMDUSCHER) und lieber reg ich mich über Annas Haare im Abfluss auf als über anonyme Haare. Und außerdem wurde mir in der Küche mein Topf geklaut.

…Lille.

Man denkt dass man die Stadt nach 8 Wochen schon kennt. Von wegen. Immer wieder gibt’s neue Entdeckungen- da geht mal noch ne Seitenstraße rein, hier ist noch n cooler Tapas-Laden und in der Straße haben ein paar neue Bars aufgemacht. Ohne Einheimische würden wir diese Ecken wahrscheinlich nie kennenlernen. Danke Laura und Anne-Laure.

…Essen.

Ich liebe Baguette und Käse und Wein, Muscheln und all die Leckereien. Aber wenn ich heimkomme will ich erst mal an Braten mit Knödel und Kartoffelsalat à la Mauggner Oma.

Ein Gedanke zu “Man lernt nie aus- vor allem im Ausland.

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